Weltweit ist der zunehmende Einsatz von KI nicht mehr aufzuhalten. Das gilt auch für die Wertpapieranlage. Der Beitrag beschreibt die Probleme und die Lösungen, wenn eine KI die Handelsprozesse steuern soll.
Im April 2022 erschien eine neue Studie zum Thema KI [1]. Sie hat ergeben, dass Hedgefonds mit dem höchsten Automatisierungsgrad mittels Künstlicher Intelligenz (KI) besser abschneiden als solche, die stärker auf menschliche Beteiligung setzen. Während des untersuchten Zeitraums (2006 bis 2021) erzielten die KI-gestützten Hedgefonds durchschnittlich etwa 0,75 Prozent pro Monat an Rendite gegenüber etwa 0,25 Prozent pro Monat für die von Menschen geführten Hedgefonds. Das ist ein erstaunliches Ergebnis und führt uns zu weiteren Fragen, denn die KI steht erst am Anfang ihrer Entwicklung.
Künstliche Intelligenz verändert unser Leben bereits in vielen Dingen positiv und leistet heute Erstaunliches. Spätestens seit dem Durchbruch von ChatGPT von OpenAI ist die praktische Bedeutung klarer. Weltweit bekommen die Menschen eine Idee von den unfassbaren Einsatzmöglichkeiten.Tatsächlich wurde KI aber schon vor ChatGPT viel früher erfolgreich eingesetzt. Erfolgreiche Praxisbeispiele finden wir in der Medizin. Und auch hier ist das Potenzial zum Beispiel bei der Krebserkennung als auch -behandlung nicht einmal ansatzweise ausgereizt. Zu nennen wäre IBM’s Watson mit seinen Diagnosefähigkeiten in den Mayo-Kliniken. Vermutlich können wir heute noch nicht einmal abschätzen, welche Einsatzgebiete zukünftig möglich sind. Selbst bei hochkomplexen Fragestellungen wie den Wettervorhersagen oder Brettspielen wie Schach oder Go ist die KI dem Menschen bereits heute oft überlegen.
Die Vorhersage von Börsenkursen
Warum ist in der Finanzwelt die KI noch nicht dominant? Die ernüchternde Antwort lautet: KI wird zwar bereits von vielen Finanzmarktteilnehmern wie einigen quantitativen Hedge Funds eingesetzt, jedoch …... Der finanzielle Aufwand ist hoch und viele Anwender bieten KI nur für ausgewählte Investoren an. Manche neue Investoren, wie beispielsweise Jim Simons Medallion Fund fordern hohe Mindestanlagesummen und ist für neue Investoren geschlossen. Das Investmentdatenunternehmen Preqin schätzt das durchschnittlich notwendige Anlagevolumen auf 4,8 Millionen Euro im Euroraum ein. Damit sind Privatanleger für die Anlage praktisch ausgeschlossen.
Wir können festhalten, dass KI-Methoden bereits in Anwendung sind, aber nur wenige Anleger können davon profitieren. Es gibt für Privatanleger bestehende Robo Advisor-Lösungen, welche teilweise sogar offensiv mit KI werben. Die Ernüchterung gibt es im Detail, denn zumeist werden dort nur einfache lineare Finanzmarktmodelle verwendet. Raffinierte KI-Ansätze findet man nicht. Es sollte daher auch nicht verwundern, wenn die veröffentlichten Performance-Zahlen der Robo Advisor nur mäßig sind. Für einen Privatanleger ist der Anreiz zu gering und so scheint eine allgemeine Anlage in den MSCI World-Index mindestens genauso attraktiv.
Der KI-Einsatz in der Praxis
Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Unternehmen, die voll auf die Vorteile einer KI setzen. Die meisten Gründer versuchen hierbei eine Software zu bauen, die eine Prognose in die Zukunft erlaubt und gleichzeitig sich von Zeit zu Zeit selbst optimiert. Eine interessante Statistik bietet der Eurekahedge AI Hedge Fund Index (siehe Tabelle 1). Die historische Performance lässt sich monatlich verfolgen. Die erreichten Renditen sind OK, doch wirklich begeistern tun sie noch nicht. In diesem Zusammenhang sollte allerdings erwähnt werden, dass es sich hier um Durchschnittswerte von zwölf Hedge Fonds handelt. Das bedeutet, es gibt darunter Hedgefonds, die mit ihrer KI eine deutliche Outperformance erreichen. Seltsamerweise bot der KI-Einsatz zwischen 2010 und 2016 sehr gute Renditen. Ab 2017 waren die Renditen meistens nur einstellig. Wer sich einmal den langfristigen Kursverlauf des S&P 500-Index anschaut, der wird vielleicht etwas verblüfft sein. Der S&P 500 erzielte ab 2017 sehr hohe Kursgewinne. Hier muss sich ein Außenstehender die Frage stellen, warum die KIs der Hedge Fonds den Aufwärtstrend nicht erkennen konnten. Insgesamt gab es in den zwölf abgeschlossenen Jahren zehn Mal eine positive Rendite, wobei der maximale Drawdown nur 9,49 Prozent betrug.
Die Probleme beim Einsatz der KI
Die Möglichkeiten der KIs sind schon weit fortgeschritten. Damit gute Ergebnisse erzielt werden können, bedarf es einer schnellen Hardware und noch wichtiger viele gute Datenquellen. Erst dann wird es möglich, ein Aktienportfolio selbstständig und intelligent verwalten zu lassen. Man muss es einmal mit aller Deutlichkeit sagen: Die meisten im Einsatz befindlichen Finanzmarktmodelle berücksichtigen keine neuen relevanten Datenquellen. Sie sind entweder zu teuer, zu schwer zugänglich oder den meisten Asset Managern gar nicht bekannt. Die bisherigen Modelle konzentrieren sich hauptsächlich auf tägliche historische Renditen und alte Fundamentaldaten. Man pickt sich dabei nur einen kleinen Teil der verfügbaren Daten heraus. Insbesondere Vermögensverwaltungen, die für Privatanleger zugänglich sind, schöpfen ihre Möglichkeiten aus Kostengründen nicht aus. KI wird dabei oft nur als Schlagwort für die Werbung verwendet. Tatsächlich handelt es sich in den meisten Fällen nur um ein einfaches statistisches Modell, welches an der Stelle eines KI-basierten Investmentprozesses eingesetzt wird. Man kann es nicht deutlich genug betonen, wenn der Input keine Qualität enthält, darf man auch von der besten KI keinen qualitativ hochwertigen Output verlangen.
Eine gute KI sollte von Intraday Preis- und Volumendaten von vielen Indizes über einen jahrelangen Zeitraum gespeist werden. Täglich kommen weltweit 100.000 Nachrichten in vielen verschiedenen Sprachen, die von einem Menschen nicht mehr qualitativ bewertet werden können. Das ist die große Chance einer KI und dann kann die erreichte Rendite konstant zufriedenstellen.
Außerdem ist das Wesen einer KI, dass eigene Anlageverhalten kontinuierlich zu verbessern. In Konsequenz bedeutet es, dass die Outperformance einer KI zu seiner Benchmark stetig besser werden sollte. Das ist eben der Lerneffekt. Idealerweise schafft es die KI auch in schwierigen Börsenjahren positive Renditen zu erzielen.
Die Strategieumsetzung in der Praxis
Nehmen wir das Beispiel der KI von Sub Capitals: Konkret verfolgt die KI eine Strategie, die sowohl Long- als auch Short-Positionen auf liquide Aktienindizes aufbauen kann. Sie kann also sowohl auf steigende als auch auf fallende Kurse setzen. Als Handelsobjekte setzt die KI insbesondere auf Futures für den DAX-, EURO STOXX- und NASDAQ-Index ein. Die Handelsumsetzung erfolgt in Frankfurt an der EUREX und in Chicago an der CME. Momentan ist die KI so eingestellt, dass sie jede halbe Stunde eine Position eröffnen oder schließen könnte. In der Praxis unternimmt die KI im Durchschnitt nur vier Trades am Tag.
Fazit des Autors
Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Einsatz von KI im Anlageprozess sich zukünftig noch viel weiter entwickeln wird. Ausschlaggebend ist die Rechengeschwindigkeit der Computer, denn die Idee von KI gibt es schon lange, doch erst mit der Entwicklung einer schnellen Hardware sind größere Fortschritte möglich.