Sub Capitals - Trading mit künstlicher Intelligenz

Sub Capitals ist ein Finanztechnologieunternehmen, das sich mit dem Handel liquider Futures beschäftigt. Das Besondere ist dabei die Handelsstrategie, denn Sub Capitals setzt auf künstliche Intelligenz (KI). Ein Zugang für Privatanleger in die Handelsstrategie bietet Sub Capitals über, eines börsengehandeltes Zertifikat mit der UBS an (WKN: UBS5C2). Es handelt sich dabei um ein aktiv gemanagtes Zertifikat (Actively Managed Certificate), das sich als börsengehandeltes Produkt über eine WKN kaufen lässt.Das Interview wurde im Dezember 2022 vor dem Launch des Zertifikates aufgezeichnet.

TRADERS' spricht mit Marius Siegert, einem der drei Gründer von Sub Capitals, über Vor- und Nachteile beim Trading.

TRADERS': Warum haben Sie sich entschieden, KI bei Ihrer Handelsstrategie zu nutzen, und wo sehen Sie die Vorteile?

Siegert: Um zu verstehen, warum wir KI verwenden, muss man zunächst erklären, wie wir den Finanzmarkt betrachten. Für uns stellt er ein komplexes System dar - ähnlich wie das Wetter, das auch ein komplexes System darstellt und sich dadurch auszeichnet, dass es durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst wird. Außerdem ist es schwer, Aussagen über das Wetter in ein bis zwei Jahren zu treffen, oder wurde Ihnen das mal am Ende der Tagesschau präsentiert ...? Eher nicht. Ganz anders ist es hingegen am Finanz- beziehungsweise Aktienmarkt. Seit Jahrzehnten versuchen Leute an der Wall Street zu prognostizieren, wo der DAX 40 oder der S&P 500 in einem oder gar fünf Jahren stehen werden. Meistens sind diese Prognosen im Nachinein betrachtet falsch, da wir nicht in der Lage sind komplexe Systeme mit einem weniger langen Zeithorizont zu modellieren.

Die Wettervorhersagen der nächsten ein bis drei Tage sind für bestimmte Regionen erstaunlich genau. Ähnlich gehen wir davon aus, dass die Aktienmärkte sich kurzfristig modellieren lassen. Dabei nutzen wir verschiedene Datenquellen - wie 1000 Preis- und Volumendaten zu Indizes und Aktien, weltweite News aus 100.000 Nachrichtenquellen oder auch über 250.000 Metadaten zu Finanzderivaten, um den komplexen Finanzmarkt zu modellieren und kurzfristige Vorhersagen zu treffen. Hier wird schnell klar, dass für diese große Datenmenge, ähnlich beim Wetter, viel Automatisierung und Rechenkapazität nötig ist oder ein sehr großes Team an menschlichen Analysten, was aber teuer ist. Wie kommt hier nun die KI ins Spiel? KI ist vereinfacht gesagt das Zusammenspiel von großen Datenmengen und Algorithmen, welche selbstständig aus den Daten lernen und Zusammenhänge erkennen. Diese Algorithmen nennen sich Maschine-Learning-Algorithmen.

Genau deshalb ist unseres Erachtens und auch nach Ansicht der größten Hedgefonds der Welt wie Two Sigma oder Renaissance Technologies Machine Learning perfekt geeignet, um diese großen Datenmengen konti­nuierlich zu verarbeiten, Modellierungen am Finanzmarkt vorzunehmen und automatisiert Investmententschei­dungen zu treffen. Die Vorteile dabei sind, dass wir keine teuren Finanzmarktanalysten oder Portfoliomanager zur Analyse und Investmentscheidung benötigen. Die erwirt­schafteten Profite können wir hingegen in bessere Daten­quellen und Machine-Learning-Algorithmen investieren, um das komplexe System Finanzmarkt noch besser zu modellieren. Außerdem ergibt sich durch die KI-Anwen­dung, dass menschliche Fehlerquellen und menschliche Emotionen aus dem Anlageprozess eliminiert werden.

TRADERS': Wie wir erfahren haben, laufen die Handelsstrategien im Intradayhandel und können sowohl Long- als auch Short-Positionen aufbauen. Üblicherweise werden solche Strategien mithilfe der Technischen Analyse unterstützt. Werden in die Strategie auch fundamentale News integriert?

Siegert: Genau, da wir den Aktienmarkt mittels KI kurzfristig modellieren, laufen die Strategien intraday, und zwar long und short. Wir setzen dabei auf einige bekannte Indikatoren der Technischen Analyse wie Glei­tende Durchschnitte oder den MACD-lndikator, aller­dings spiegeln diese nur einen sehr, sehr kleinen Teil der Daten wider. Zu der Frage nach fundamentalen News: Wir betrachten die fundamentalen Daten beispielsweise von Unternehmen indirekt, indem unsere KI die Nachrichten aus einer der l 00.000 Quellen zu den Quartalsberichten in unserer Analyse erfasst und in die Modellierung des Aktienmarkts einfließen lässt. Wird beispielsweise sehr positiv über die Quartalszahlen von Tesla oder Airbus berichtet, dann erfasst die KI dies über die weltweiten positiven Berichte.

TRADERS': In welchen Märkten wird die Strategie eingesetzt und wie schnell verläuft der Lernprozess der KI? Gibt es festgelegte Intervalle?

Siegert: Die Strategien werden in allen Marktphasen eingesetzt und sind immer online. Das Gute an KI ist, dass sie in der Lage ist, selbst zu erkennen, wann der Handel keinen Sinn macht, da sich der Finanzmarkt nicht immer modellieren lässt. Gerade in turbulenteren Zeiten neigt die KI dazu, den Handel einzustellen und abzuwarten. Sie erkennt nämlich in den verarbeiteten Daten auch selbst­ständig die Anomalien. Anomalien sind gleichbedeu­tend mit Marktrisiken und dann unternimmt die KI keine weiteren Prognosen. Offene Positionen werden nach circa zehn Stunden geschlossen.Im Moment wenden wir die Strategien auf den europäischen und amerikanischen Aktienmarkt an. Dabei handeln wir den DAX-Future, den EURO-STOXX-50-Future an der Eurex in Frankfurt und den Nasdaq-100-Future an der CME in Chicago.

Wir wollen die Handelsprodukte zeitnah erweitern und weitere Asset­klassen und Märkte wie Devisen oder sogar Volatilitäten modellieren. Dabei haben wir beobachtet, dass die besten Resultate erzielt werden, wenn wir die KI in einem Intervall von einer Handelswoche neu lernen lassen. Das bedeutet, dass wir jedes Wochenende die Daten der vergangenen Handelswoche verwenden, um die Machine-Learning­Algorithmen neue Zusammenhänge erlernen zu lassen. Das ermöglicht eine kontinuierliche Anpassung an das sich schnell verändernde und komplexe System eines Finanz­marktes. Dadurch unterscheiden wir uns auch im Wesent­lichen von anderen Algostrategien, die eben genau das nicht tun. Sie lernen nicht dazu und passen sich nicht an. Sie können neue Einflussfaktoren (neue Regulatorik, neue Marktteilnehmer, andere Zinspolitik, steigende Inflation et cetera) nicht berücksichtigen. Deshalb versagen Algos ohne Machine Learning auch meist nach einiger Zeit.

TRADERS': Beziehen sich die Lernprozesse auf interne Indikatoreneinstellungen?

Siegert: Der Lernprozess bezieht sich auf die zu Beginn beschriebenen Daten, die verwendet werden, um die Machine-Learning-Algos neu zu trainieren. Die Indika­toren passen sich an, aber die Einstellungen werden nicht verändert.

TRADERS': Welche Indikatorenwerden in den Strategien bevorzugt verwendet?

Siegert: Indikatoren basieren in der Regel auf Preis- und Volumendaten. Wie bereits erwähnt, haben wir Indika­toren wie EMA und MACD im Einsatz. Sie nehmen aber nur einen sehr kleinen Bruchteil beim Prognoseprozess ein. Wir berechnen auch unsere eigenen Indikatoren wie das Senti­ment oder die Häufigkeit, mit der über bestimmte Unter­nehmen berichtet wird. Außerdem verwenden wir einen sogenannten Anomalie-Score als Indikator. Er erkennt, ob wir in einer normalen oder abnormalen Marktphase agieren. Nur in normalen Marktphasen wird auch gehandelt. In abnormalen Phasen weiß die KI selbst, dass sie hier weniger gut funktioniert. Des Weiteren haben wir einen Sicherheits­faktor, den die KI bei jedem Trade errechnet. Umso höher, umso besser und umso wahrscheinlicher ist es, dass die KI-Modellierung des Marktes auch wirklich eintrifft.

TRADERS': Die meisten erfolgreichen Handelsstrategien basieren auf Trends oder dem Mean-Reversion-Prinzip. Wie sieht Ihre Handelsstrategie aus? Wie lange ist zum Beispiel die durchschnittliche Haltedauer einer Position und wie viele Trades werden an einem Tag umgesetzt?

Siegert: Unser Ansatz ist eine Multistrategie. Dabei gehen wir so vor, dass wir möglichst verschiedene unkor­relierte Handelsstrategien entwickeln und sie zu einer Multistrategie bündeln. Unseres Erachtens nach gibt es nämlich nicht diese eine Strategie, die den Heiligen Gral darstellt. Dabei kann man sich das so vorstellen, dass wir für jeden Aktienindex, den wir im Moment handeln, eine eigene Strategie besitzen. Der Ansatz ist bei allen Strategien ähnlich, aber die Haltedauer variiert von circa zehn Stunden bis zu vier Tagen. Auch die Handelsfre­quenz ist unterschiedlich. Im Schnitt werden zurzeit vier Trades pro Tag abgewickelt. Es wird dabei versucht, richtig zu prognostizieren, ob der entsprechende Index steigt oder fällt. Zeigt unser Modell an, dass der Index fallen wird, dann gehen wir short. Prognostiziert das Modell steigende Kurse, gehen wir long. Nun ist sicher­lich interessant, wie gut diese Modellierung ist. Es über­rascht vielleicht, aber so gut wie das Wetter lässt sich der Aktienmarkt bei Weitem nicht modellieren. Immerhin liegt die KI in knapp 60 Prozent der Fälle richtig. Das hört sich erst mal nicht dramatisch hoch an, doch wir können über die KI eine Konstanz der Quote sicherstellen, was uns viel Geld bringt.

TRADERS': Die bisherige Performance von Sub Capitals ist hervorragend: Die Rendite der vergangenen zwei Jahre liegt bei 58 Prozent. Glauben Sie, dass sich eine ähnlich hohe Rendite auch künftig erzielen lässt? 

Siegert: Wir streben eine Outperformance gegenüber dem MSCI-World-Index an. Der Index erzielte im Durchschnitt 7 bis 8 Prozent Rendite pro Jahr. Im Vergleich, der AI Hedge Fund Index (Bloomberg-Ticker EHFI817) erzielte jährlich eine Rendite von circa 10,2 Prozent. Obwohl wir bisher bessere Ergebnisse erreichten, positionieren wie uns dazwischen und haben damit eine Zielgröße von 7 bis 11 Prozent pro Jahr. Im Grunde geht es uns aber gar nicht so sehr um die absolute Performance selbst, sondern um eine hohe Sharpe-Ratio, also ein gutes Verhältnis zwischen eingegangenem Risiko und erwirtschafteter Rendite. Hier streben wie eine Sharpe-Ratio immer über 1 an. Das konnten wir die letzten zwei Jahre ebenfalls erreichen.

TRADERS': In der Börsenhistorie gab es immer wieder unvorhersehbare Ereignisse, die erheblichen Einfluss hatten - etwa der Terroranschlag auf das World Trade Center. Enthält die Strategie von Sub Capitals eine Art Notausschalter? Wie gehen Sie mit außergewöhnlichen Risiken um?

Siegert: Ja, wir haben einen Notschalter, der uns ermöglicht, die offenen Positionen zu schließen. Das ist auch für den algorithmischen Handel so von der BaFin und ESMA vorgeschrieben. Zudem ist theoretisch jede Position mit einem Stopp-Loss abgesichert und wird nach Überschreiten des Stopp-Levels zum Marktpreis verkauft. Wir schützen uns vor außergewöhnlichen Risiken im Allgemeinen mit unserem Risikomanagement. Dabei riskieren wir über die KI pro Trade nicht mehr als 2 bis 3 Prozent unseres gesamten Portfolios. Das System war mit Echtgeld während der Coronakrise leider nicht live. Anfang dieses Jahres konnten wir jedoch alles wieder live umsetzen. Bekannterweise hat sich die Finanzmarktlage wegen des Ukrainekonfliktes stark eingetrübt, doch unser System bewies in dieser Zeit seine Robustheit.

Vielen Dank für das Gespräch.

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